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Aus aktuellem Anlass. Der Fall Toni Leistner und der HSV. Ein rechtlicher Einblick in die Fußballwelt

Die einseitige Freistellung von Trainern, Spielern und Sportdirektore

Der Beitrag soll beleuchten, unter welchen Voraussetzungen Trainer, Sportdirektoren und Spieler zulässigerweise einseitig freigestellt werden können. Überdies geht es darum, ob und wenn ja wie sich eine einseitige Freistellung auf den Vergütungsanspruch des betroffenen Akteurs auswirkt. Die Kernfrage ist dabei welche Vertragsklauseln im Zusammenhang mit einer Freistellung rechtswirksam ergriffen werden können.

Die hier dargestellten Grundsätze gelten für Trainer, Spieler und Sportdirektoren in sämtlichen Mannschaftssportarten, namentlich Fußball, Handball, Basketball, Eishockey etc. im deutschen Rechtsraum. Voraussetzung ist aber, dass diese betreffenden Akteure als Arbeitnehmer zu qualifizieren sind (in Abgrenzung zum Amateurfußball).

 

Die Voraussetzungen für die einseitige Freistellung durch den Verein

Nur wenn der Verein ein schutzbedürftiges und zudem überwiegendes Freistellungsinteresse für sich in Anspruch nehmen kann, ist die einseitige Freistellung von Trainern, Sportdirektoren und Lizenzspielern zulässig. Ein im Arbeitsvertrag des Profis vorformulierter Freistellungsvorbehalt kann das Freistellungsrecht des Clubs nicht erweitern und ist daher nur deklaratorisch.

 

Ein sportlicher Misserfolg ist kein hinreichender Grund für die einseitige Freistellung

Die einseitige Freistellung von Spielern und Trainern kann weder mit dem sportlichen Misserfolg per se noch mit der Branchenüblichkeit, oder dem verlorenen Vertrauen, mit dem Spieler oder Trainer den angestrebten sportlichen Erfolg zu erreichen begründet werden.  Eine einseitige Freistellung von Spielern kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn der Spieler das Mannschaftsklima beeinträchtigt. Das Arbeitsrecht beschränkt also die Möglichkeit der Vereine zur einseitigen Freistellung von Trainern und Spielen deutlich. Hier stellt sich zudem die Frage, wann diese Voraussetzung erfüllt ist. Eine private Chat-Nachricht kann dazu nicht ausreichen. Zumal diese vom Spieler ausdrücklich bestritten wurde.

 

Hat der Freigestellte einen Vergütungsanspruch trotz der einseitigen Freistellung?

Ein klares ja. Dieser Anspruch richtet sich während einer einseitigen Freistellung bei Trainern, Sportdirektoren und Spielern durch den Verein nach den Vorschriften des Annahmeverzugslohns, § 615 Satz 1 BGB. Gleichgültig ist, ob die einseitige Freistellung gerechtfertigt war oder nicht. Der Entgeltfortzahlungsanspruch des freigestellten Angestellten umfasst sodann die vertraglich vereinbarte Grund- und Naturalvergütung.

Probleme ergeben sich sodann bei der Prämienvergütung: Hierbei ist anhand von objektiven Maßstäben zu ermitteln, ob der freigestellte Angestellte die jeweilige Prämie erhalten hätte, wenn er nicht freigestellt worden wäre. Kann das bejaht werden, umfasst der Entgeltfortzahlungsanspruch auch die jeweiligen vertraglich vereinbarten Prämienvergütungen. Der Spieler erhält dann die Einsatzprämie oder Punktprämie, wenn die Prognose ergibt, dass er in den jeweiligen Pflichtspielen eingesetzt worden wäre und die Mannschaft gepunktet hat.

Festzuhalten bleibt, dass die einseitige Freistellung durch den Verein mit erheblichen wirtschaftlichen Belastungen für diesen verbunden ist. Denn dieser muss – im schlimmsten Fall – die kompletten Prämien und das Grundgehalt auszahlen.

 

Ist ein Vergütungswegfall rechtswirksam?

Die Vereine versuchen diese Problematik mit vorformulierten Wegfallklauseln in den jeweiligen Arbeitsverträgen abzuwenden. Danach entfällt der Anspruch auf die Punktprämie und die Naturalvergütung (also die private Nutzung des gestellten Dienstwagens) vollständig für die Dauer des Freistellungszeitraums.

Ein solcher vertraglich vereinbarter Wegfall der Zusatzprämien ist für den Trainer, Spieler oder Sportdirektor jedoch unzumutbar. Eine solche Klausel hält daher der sog. AGB-Kontrolle nach § 308 Ziff. 4 BGB nicht stand und ist daher unwirksam.

Anders kann es aussehen, wenn in der Klausel klar geregelt ist, dass die Vergütungsbestandteile auch bei einer unberechtigten und damit grundlosen einseitigen Freistellung nicht wegfallen sollen und sichergestellt wird, dass dem Spieler 75% der Jahresgesamtvergütung verbleiben, die dieser erhalten hätte, wenn er nicht freigestellt worden wäre. Dann liegt nämlich kein Eingriff in den Kernbereich des Arbeitsvertrags vor. Das wird von dem Bundesarbeitsgericht anerkannt.

Diese Beschränkungen werden in der Fußballpraxis jedoch nicht mal im Ansatz eingehalten. Im Profifußball werden Klauseln verwendet, die zum einen den Wegfall der Vergütungsbestandteile auch im Falle einer unberechtigten Freistellung vorsehen und die zum anderen einen vollständigen, unbegrenzten Wegfall der Prämien- und Naturalvergütung statuieren. Das ist rechtlich nicht haltbar.

 

Rechtliche Handhabe des Vereins und Angestellten

Der Verein könnte das Verhalten Sanktionieren. Diesbezüglich könnte eine Geldstrafe verhängt werden, oder eine Abmahnung, bis hin zur Kündigung ausgesprochen werden. Ob das jedoch im Interesse des Vereins ist, erscheint fraglich, da gerade in der aktuellen Pandemie kein Verein auf Ablösesummen verzichten will und kann. Zumal die Wirksamkeit fraglich ist, da der Spieler die Handlung bestritten hat und der Verein die Darlegungs- und Beweislast trifft.

Der einseitig freigestellte Spieler hat die Möglichkeit seine Arbeitskraft faktisch anzubieten. Wenn diese abgelehnt wird, was bei der Freistellung impliziert wird, kann er seinen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung nach zutreffender Ansicht per einstweiliger Verfügung gerichtlich durchsetzen.

Ultima ratio wäre die (fristlose) Kündigung durch den Spieler. Sollte dieses Mittel gewählt werden und die Kündigung auch wirksam sein, kommt schließlich ein Schadensersatzanspruch des Spielers aus § 628 II BGB in Betracht. Danach ist der sog. Verfrühungsschaden zu ersetzen, also derjenige, der aus der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses resultierte. Das beinhaltet dann das Grundgehalt inklusiver aller Prämien.

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